Aric ist Barbara Eggimanns (54) grosser Schatz. Der Hund hat schon viele Prüfungen absolviert – und weiss um seine Spürnase.
Aric ist ein Jagdhund aus Deutschland. Er ist ein ungewöhnlicher Mischling aus Dackel und Weimaraner, ein sogenannter Dackmaraner. «Aufgrund dieser Paarung hat Aric kurze Beine und leidet bei zu langen Spaziergängen», erklärt Besitzerin Barbara Eggimann.
Genau solchen hilfsbedürftigen Tieren widmet sich die Hundeliebhaberin in ihrer Hundeschule «Lernwerk für Mensch und Hund».
und ihrem «Refugium Verdina».
Insgesamt ist Eggimann Frauchen von 10 Hunden, zwei Papageien sowie zwei Katzen. Dabei gehört Aric in der Hundegruppe zu jenen, die besonders beeindruckende Leistungen erbringen. So hat der Schnüffler mit seinen Fähigkeiten bereits die schwierigsten Nachsuche-Prüfungen geschafft. Sein Finderwille ist bemerkenswert: «Er hat bereits drei Hunde gefunden, die zuvor einige Tage lang ausgebüxt waren», erzählt Eggimann stolz. Dieses Erlebnis sei für die jeweiligen Hundebesitzer und die Sucher immer sehr emotional.
Etwas Besonderes erreichte Aric kürzlich mit einem speziellen Fund. Eine Bekannte hatte ihren Autoschlüssel an einem Flussufer verloren – und zwei Tage verzweifelt danach gesucht. Schliesslich kam Eggimann mit Aric vorbei und simulierte die Ausgangslage. Nach nur zehn Minuten war der Schlüssel wiedergefunden.
Barbara Eggimann liegt besonders am Herzen, all ihren Tieren viel Wertschätzung entgegenzubringen. «Aric hat mit seinem Geruchssinn eine unglaubliche Gabe, die auch uns Menschen hilft», schwärmt die 54-Jährige über ihren Vierbeiner.
Von Hunden lernen, sie verstehen und ausbilden sowie Hundebesitzer mit ihren Vierbeinern anleiten, dies alles findet sich in der Person von Barbara Eggimann.
Für Therapie Hund Mensch ist sie eine wichtige Botschafterin und sie lässt es sich nicht nehmen, teils an der Eintritts- oder Abschlussprüfung zugegen zu sein und als Expertin zu amten. Nachfolgend machen wir einen Abstecher in ihr Leben und lernen zwei Hunde aus ihrer Hundegruppe etwas näher kennen.
In gedanklicher Anlehnung an die Hundetrainerin Suzanne Clothier lässt sich auch die Philosophie von Barbara beschreiben:
Die Reise des Lebens in Gesellschaft von Hunden ist wie eine Reise mit Engeln, Führern, Hütern, Hofnarren, Schatten und Spiegeln.
Barbara hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die Sprache der Hunde zu erlernen und anderen zu helfen, den eigenen Hund unter ihrer Anleitung besser zu verstehen.
Der imposante Leistungsausweis von Barbara (u.a. und nicht abschliessend: HIK 3 Certodog Instruktorin, FBA Tierpfleger-Light, bestandene Jägerprüfung, NHB-Fachperson und Ausbildnerin, Qualifikationsprüfung als zertifiziertes Assistenzhunde-Team nach den Richtlinien von QUAKA und diverse mehrwöchige Auslandeinsätze in Tierheimen in Deutschland, Ungarn, Spanien und Griechenland) lässt bereits erahnen, dass hier eine «Vollblut-Hündelerin» am Werk ist. Tierschutz und soziales Engagement waren und sind Barbara enorm wichtig. So stammen all ihre Hunde aus dem Tierschutz und bringen alle mehr oder weniger schwer geladene Rucksäcke in Form von Vorgeschichten und Traumata mit sich. Zwei Hunde, mit denen Barbara im sozialen Bereich tätig war/ist, stellen wir nun etwas detaillierter vor.
Als Welpe wurde Theo im Jahr 2005 in letzter Sekunde von einem Griechen aus einer Kehrrichtpresse herausgeholt und zum Glück gerettet. Vom Verein Tierfreunde Athen wurde er nach Deutschland in fürsorgliche Pflege gegeben. Dort durfte er seine ersten Lebensmonate verbringen.
Mit acht Monaten kam er als ruhiger, ja eher etwas verschlossener, unsicherer, aber freundlicher Hundejunge zu Barbara in die Schweiz. Mit noch nicht einmal drei Jahren bestand der ehemaliger Strassenhund als jüngster Teilnehmer des damaligen Kurses die Therapiehundeprüfung beim Verein Partnerhunde Schweiz (Anm. heute THM).
Anschliessend war er im Einsatz in einem Altersheim, wo er immer freudig erwartet wurde. Daneben war Theo mit Barbara beim Verein Rote Sense im Kanton Freiburg mit den Schweisshundeführern fleissig am üben und durfte zu seiner grossen Freude zahlreiche Schweissfährten ausarbeiten.
Im November 2020 ging Theo nach einem erfüllten und glücklichen Leben im Alter von 15 Jahren über die Regenbogenbrücke.
Djuk war ganze 28. Tage jung, als Barbara ihn erstmals auf ihren Händen trug. Aber ihre Wege trennten sich anschliessend für ein paar Monate. Das Schicksal wollte es und nach einem kurzen, anderen Lebensplatz, durfte er dann bei Barbara einziehen. Djuk ist ein sehr cleveres Bürschen und lernt unglaublich schnell (ja, auch jene Sachen, die Barbara lieber nicht möchte). Mit nicht einmal zwei Jahren hatte er bereits die kantonal, bernische Gehorsamsprüfung und eine 500m TKJ-Prüfung mit Erfolg bestanden.
Doch damit nicht genug. Da Barbara selber an schweren Migräneanfällen leidet, bildete sie Djuk von September 2019 bis Ende 2020 an der Assistenzhundeschule Cane Fidelio zu ihrem persönlichen Migränewarnhund aus (als 1. Migränewarnhund in der Schweiz). Die Abschlussprüfung haben sie bei Swiss Helpdogs erfolgreich absolviert
Liebe Barbara, du hast schon unglaublich viel mit Hunden in deinem Leben erlebt. Gibt es überhaupt etwas oder einen Bereich im Hunde(sport)wesen, wo du noch nie aktiv warst?
Ja, es gibt noch einiges was ich noch nicht ausprobiert habe (und zugegeben auch einiges, was ich auch nicht ausprobieren möchte…).
Es ist eher das lebenslange Streben nach dem Verstehen der Sprache und dem Wesen der Hunde, was mich so fasziniert und in den Bann gezogen hat.
Du warst ja mit Theo selber als Therapiehundeteam unterwegs. Wie haben sich aus deiner Sicht die Ausbildung zum Therapiehund sowie die Anforderungen an Mensch und Hund in den letzten Jahren verändert?
Aus meiner Sicht haben sich diverse Sachen verändert, allem voran jedoch die Schnelllebigkeit der Gesellschaft.
Die Ausbildungen verändern sich in allen Bereichen, da man stets neue Erkenntnisse gewinnt. Dies eröffnet vielen Instruktoren/Instruktorinnen immer neue Ausbildungsansätze, die in die Kurse übernommen werden können. Davon können die Kursabsolventen/-innen sowie deren Vierbeiner direkt profitieren.
Aber auch das Verständnis für solche Einsätze seitens der Institutionen ist in der letzten Zeit stets gewachsen und man hat erkannt, welche Bereicherungen diese Besuche darstellen (dies bedingt aber auch, dass die Hunde und die Besitzer entsprechend ausgebildet wurden). Die Nachfrage hat aus meiner Sicht klar zugenommen und man findet heute eher einen Einsatzort als früher.
Besteht aus deiner Sicht in der heutigen Zeit nicht das Risiko, dass die Hunde teils fast zu viel an Programm haben (montags Agility, mittwochs Mantrailing, freitags Ausdauertraining am Velo, am Wochenende wandern in den Bergen und nebenbei noch mal eben rasch einen Therapiehundeeinsatz leisten)?
Ja, dieses Risiko ist durchaus vorhanden. Aber: Was ist denn «falsch» an einem ausgeglichenen Familienhund? Auch ein Familienhund leistet bereits viel!
Erst wenn ein Hund zufrieden und ausgeglichen ist, kann man erkennen, ob er noch weitere Talente oder Interessen hat, die man fördern könnte.
Dies sollte man aber gezielt machen und nicht «wild drauf los» probieren. Weniger ist hier für mich klar mehr! Lieber weniger machen, aber dies dafür korrekt.
Dazu gehört auch, dass ein Therapiehundeeinsatz eben nicht noch in eine eh bereits vollgestopfte Woche «hineingequetscht» wird, da solche Einsätze viel vom Hund fordern und er anschliessend Zeit braucht um zur Ruhe zu kommen und um neue Kräfte zu sammeln.
Und ganz wichtig: Mit dem Kopf bei der Sache sein und sich für seinen Hund die erforderliche Zeit nehmen. Dies gilt auch für den täglichen Spaziergang wo man mental präsent sein muss.
Wie bereits oben angedeutet, sind solche Einsätze für den Hund mental enorm anstrengend. Nach einem Einsatz braucht jeder Hund individuell sein Ritual um den Kopf wieder frei zu kriegen (einige möchten nur noch schlafen, andere bevorzugen eher einen Spaziergang und wieder andere eher ein ausgelassenes Spiel etc.).
Für mich ganz entscheidend und wichtig: Die Hunde sollen und dürften auf keinen Fall instrumentalisiert und ausgebeutet werden. Darum ist hier die Körpersprache des Hundes so elementar und der Hundebesitzer muss die Signale entsprechend erkennen können! Auch dürfen die eigenen Bedürfnisse oder Ideen für den eigenen Hund nicht im Vordergrund stehen und der Hund in das gewünschte Muster «hineingedrückt» werden (für den Hund muss die Art von Einsatz, die besuchte(n) Person(en) und der Einsatzort stimmen!).
Hierzu fällt mich auch folgendes Sprichwort von Max Picard ein:
Viele Dinge die von menschlichen Worten aufgewühlt wurden, beruhigen sich wieder durch die Stille von Tieren.
Hunde begegnen uns Menschen auf einer ganz anderen Ebene und schaffen es, uns auch ohne Worte zu erreichen.
Gehen wir noch kurz auf Djuk ein. Was muss man sich unter einem Migränewarnhund vorstellen? Was macht er genau für dich?
Tagsüber merke ich ja selber, wenn sich ein Anfall «ankündigt» (mit den klassischen Symptomen). Da brauche ich Djuk also nicht per se um mir dies mitzuteilen, denn ich kann hier rechtzeitig reagieren und meine Medikamente einnehmen.
Besonders schlimm ist es bei mir aber nachts. Hier brauche ich die Hilfe von Djuk, da ich teils nicht rechtzeitig meine Medikamente nehmen kann oder im Schlaf gar nicht merke, dass ich eine Migräne bekomme.
Hier weckt mich Djuk rechtzeitig indem er meine Unterarme leckt, damit ich reagieren kann. Weiter macht er mir Licht und holt die Medikamentenbox. Sollte ich trotz dem Lecken meiner Unterarme mal nicht erwachen, steigert er seine Hinweise, indem er seinen Kopf auf meinen Brustkorb legt und mir das Maul leckt.
Er könnte im schlimmsten Fall aber auch einen Alarmknopf drücken um Hilfe zu rufen (diesen mobilen Kasten mit dem Alarmknopf können wir auch mitnehmen, wenn wir unterwegs sind).
Wie muss man sich die Ausbildung von Djuk vorstellen, resp. wie habt ihr ihm beigebracht, worauf er achten muss? Du konntest ja schlecht einen Migräneanfall passend auf die Trainingseinheit planen.
Viele Teile seiner Ausbildung waren gleich wie bei einem Diabetiker- oder Epilepsiewarnhund.
Also auch hier gilt die Alltagstauglichkeit mit Zug fahren, in der Stadt unterwegs sein, gute Leinenführigkeit, absolute soziale Verträglichkeit gegenüber Menschen und Artgenossen etc.
Wenn ich eine Migräne hatte, habe ich den Geruch mittels Ausatmen und Abstrichen der Haut auf Geruchsträger übertragen und habe diesen «Migränegeruch» so mit in die Ausbildung integriert damit die Anzeigearten von Djuk geübt werden konnten.
Was würdest du jedem Hundebesitzer als Rat auf den Weg geben?
Wir können unsere Köpfe zwar mit theoretischem Wissen vollstopfen, doch unsere Hunde lassen sich nur durch unsere Handlungen beeindrucken. Auf jeden Fall müssen wir handeln, damit unsere Hunde nicht für unsere Fehler leiden müssen.
Liebe ist eine Aktion, kein Gefühl. Führung muss aus konsequenter und liebevoller Anleitung entstehen.
Wie Goethe schon sagte: Wissen ist nicht genug, wir müssen es anwenden. Wollen ist nicht genug, wir müssen es tun!
Herzlichen Dank liebe Barbara für diesen spannenden Einblick in dein Leben! Wir wünschen dir und deinem Rudel weiterhin alles Gute und freuen uns, bald wieder einmal in den Genuss deiner Expertisen zu kommen!